Stilwende 2.0 – Wege in die Moderne

1920-1939

Die Ausstellung “Stilwende 2.0 – Wege in die Moderne” ist die Fortsetzung und Erweiterung der vorherigen Ausstellung “Stilwende 1900 – Schönheiten einer Epoche“.
In zwölf Themenpunkten zeigt sie nicht nur den Facettenreichtum der Jugendstilzeit, sondern auch den weiteren Weg des internationalen Kunsthandwerks bis in die 1930er Jahre mit Blick auf Art déco und Bauhaus.

Der in der Belle Époque entstandene Jugendstil erfasste an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert schnell die ganze Welt. Seine zahlreichen Ausprägungen zeigte er schon durch die unterschiedlichen Namen, die er trug, von Jugendstil über Art nouveau und Secession bis hin zu Modern oder Liberty Style.
Der Jugendstil endete mit dem Ersten Weltkrieg. Danach waren die Weichen in den verschiedenen europäischen Ländern auf dem weiteren Weg in die Moderne ganz unterschiedlich gestellt.
In Frankreich ging die Entwicklung stilistisch fließend von der dekorativen Art nouveau-Epoche in die nicht minder dekorative Art déco-Ära über. In Deutschland hingegen wurde die Zwischenkriegszeit vor allem durch eine puristische Linie, repräsentiert durch das Bauhaus, geprägt.

Einen besonderen Fokus legt die Ausstellung auf das Werk von Künstlerinnen. Viele von ihnen gerieten im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit obwohl sie sowohl den Jugendstil als auch die nachfolgenden kunstgeschichtlichen Epochen entscheidend mitgeprägt haben.
Das Fokusthema „Auf dem Weg zur Neuen Frau“ wird abgerundet durch eine Kabinettausstellung unter der Überschrift „1900 – Frauenleben in Bad Nauheim“.

1. Glas – Zerbrechliche Schönheiten

Der Werkstoff Glas fasziniert und begeistert Menschen spätestens seit der Antike. Er bietet eine schier unendlich scheinende Formen- und Farbenvielfalt. Dabei ist er zart und fragil, durchscheinend und grazil.
Es ist also keine Wunder, dass die Künstler:innen nicht nur der Jugendstilepoche sondern auch der darauf folgenden kunsthistorischen Perioden wie Art déco und Bauhaus diesen Werkstoff liebten und ihn in immer neuen Formen und vor allem immer neuen Farben neu erfanden.
Waren es in der Zeit der Belle Époque vor allem irisierende Gläser, die zu Modeobjekten wurden, so waren es in den 1920er Jahren dann vor allem sogenannte Tango-Gläser, die durch ihre Farbintensität begeisterten.
Die Schwerpunkte dieses ersten Ausstellungsteils liegen auf den bekannten und berühmten Glasmanufakturen und Glaskünstlern wie Loetz Witwe, Wilhelm Kralik, von Poschinger, Fritz Heckert und Pallme, König & Habbel, Georg Carl von Reichenbach und Jean Beck. Beheimatet waren sie in Böhmen ebenso wie in Schlesien, im Bayerischen Wald, im Riesengebirge, im Rheinland sowie in München.
Hier und auch an anderer Stelle in Ausstellung finden sich überdies Gläser aus Frankreich, Großbritannien und den USA.

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2. Stil der Jugend: München – Nürnberg – Württemberg

München war eine der deutschen Hauptstädte des neuen Stils. Hier lebten und arbeiteten zahlreiche Künstler:innen, die sich diesem Stil verschrieben hatten, wie etwa Peter Behrens, Tina Blau, Sophie Burger-Hartmann, Richard Riemerschmid, Wanda von Debschitz-Kunowski, Friedrich Adler oder auch Else Oppler-Legband.

Nürnberg profitierte von dieser Jugendstilmetropole, denn zwischen 1901 und 1913 veranstalteten einige dieser Künstler, so z.B. Peter Behrens sogenannte Meisterkurse in der fränkischen Stadt.

In Württemberg, speziell im Stuttgarter Raum etablierte sich ein kunstgewerbliches Zentrum, vor allem im metallverarbeitenden Bereich. Speziell in den Städten Pforzheim, Heilbronn, Schwäbisch Gmünd, Esslingen und Geislingen wurden Silberwaren, Schmuck und auch kunstgewerbliche Objekte aus Messing, Kupfer oder Zinn hergestellt.

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3. Darmstadt – die Künstlerkolonie

Die Darmstädter Künstlerkolonie ist eine der bekanntesten Künstlerzusammenschlüsse der Jugendstilzeit. Gegründet wurde sie im Jahr 1899 von Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein, der sich davon getreu seinem Motto “Mein Hessenland blühe und in ihm die Kunst” auch eine Steigerung der hessischen Wirtschaft erhoffte.

Im Laufe des Bestehens der Künstlerkolonie auf der Darmstädter Mathildenhöhe waren zahlreiche bekannte und namhafte Künstler wie Paul Bürck, Patriz Huber, Ludwig Habich, Heinrich Jobst, Ernst Riegel, Jakob Julius Scharvogel, Hans Christiansen, Friedrich Wilhelm Kleukens und allen voran Joseph Maria Olbrich und Peter Behrens deren Mitglied.

Die Arbeiten vieler dieser Künstler können Sie nicht nur in unserer Ausstellung “Stilwende 1900” bewundern, sondern auch im Ambiente der Ausstellung, dem Bad Nauheimer Sprudelhof, denn beim Bau dieser einzigartigen Jugendstilanlage wirkten selbstverständlich auch die Darmstädter Künstler mit, wie bspw. Jakob Julius Scharvogel, Friedrich Wilhelm Kleukens, Heinrich Jobst, Albin Müller und auch Ernst Riegel.

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4. Der Impuls des Westens

Die Region zwischen Rhein und Ruhr – den Städten Köln, Krefeld und Hagen war um 1900 ein für Kunst und Kunsthandwerk ausgesprochen bedeutender Raum.
In Hagen gab es den Kunstmäzen und Sammler Karl Ernst Osthaus, der das Folkwang Museum errichten lassen, dessen Inneneinrichtung von Henry van de Velde stammte.
Auch in Krefeld wurde ein neues Museum für Moderne und Zeitgenössische Kunst errichtet: das Kaiser-Wilhelm-Museum.

In Köln wurden zahlreiche wichtige Ausstellungen veranstaltet, wie etwa 1912 die Ausstellung des Sonderbund, einer Vereinigung von Künstlern, Sammlern und Museumsfachleuten mit über 100 Werken van Goghs und die bedeutende Ausstellung des Deutschen Werkbundes im Jahr 1914.

Darüber hinaus in der Region auch sehr viele Betriebe, die kunsthandwerkliche Objekte in den neuen Stilarten herstellten. Dazu gehörten im Raum Köln die Rheinische Glashütten AG und die Firmen Orivit und Electra.
In Krefeld war Kayserzinn ansässig und in Lüdenscheid gab es gleich mehrere Firmen, die kunstgewerbliche Gegenstände aus Zinn, Messing und Kupfer herstellten. Dazu kamen die Firmen Bahner und Beumers in Düsseldorf.

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5. Blickpunkte: Berlin – Dresden – Weimar

Trotz der – nicht nur in künstlerischer Hinsicht – Rückwärtsgewandtheit, die in Berlin durch Kaiser Wilhelm II. regierte, entwickelte sich auch die Hauptstadt des Deutschen Reiches zu einer Metropole der Künste und vor allem der Kunsthändler. Namen wie Keller & Reiner oder auch der Hohenzollern Kunstsalon genossen Renommée und Beachtung.

Auch Dresden nahm im Jugendstil eine besondere Rolle ein. Noch viel wichtiger aber wurde das 200 Kilometer entfernte Weimar. Auch hier war es der Alleskönner Henry van de Velde, der von Harry Graf Kessler hierher geholt worden war, der die Stadt auf Jahre hinaus prägte. Er schuf 1908 das Gebäude der Kunstgewerbeschule, die wenige Jahre später zum Mekka eines wieder anderen und neuen Stils werden sollte: dem Bauhaus.

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6. Schmuck- und Silberkabinett – der metallische Glanz der Stilwenden

Die Liebe zu Schmuck war ein besonderes Kennzeichen der Stilwende um das Jahr 1900. Es war gewissermaßen die Wende hin zur Erfindung des Modeschmucks. Und Schmuck und Silber blieben auch in der Zeit von Art déco und Bauhaus wichtige Themen.
Der technische Fortschritt machte es möglich, Schmuckstücke nun in großer Stückzahl und günstig herzustellen. Es entstand eine große Zahl an Manufakturen und Unternehmen, die Schmuckstücke und Pretiosen herstellten und sehr viele Künstler:innen entwarfen Schmuck und Silberwaren.
Zählungen ergaben über 6.000 Betriebe unterschiedlichster Größe die Edelmetalle verarbeiteten und das allein in Deutschland.

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7. L’Art Nouveau: Paris – Nancy

Stilwenden gab es auch in Frankreich zwischen der Belle Époque und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs. Die erste war die hin zur Art nouveau, der neuen Kunst; die zweite die hin zur Art déco, der dekorativen Kunst. Die führenden Zentren waren Paris und das lothringische Nancy.
In Nancy war es die sogenannte École de Nancy, verbunden mit Namen wie Émile Gallé, den Gebrüdern Daum und Louis Majorelle.
Ein weiteres Sammelbecken für Künstler:innen war auch die französische Hauptstadt Paris. Hier waren es vor allem in der Zeit der Art nouveau insbesondere belgische Künstler:innen und deutsche Kunsthändler, die die Szene maßgeblich beeinflussten.
Neben den Künstler:innen und Galerien waren es insbesondere die Weltausstellungen in den Jahren 1889 und 1900 und die Exposition internationale des Arts Décoratifs et industriels modernes im Jahr 1925, die einen enormen Einfluss auf die Entwicklung der neuen Stilrichtungen hatten.

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8. Made in Austria

Wien war auch im Bereich Kunst und Architektur die Metropole der habsburgischen k.u.k.-Monarchie. Eine der herausragenden Persönlichkeiten war Otto Wagner, der Architekt und Stadtplaner, der Wien das Gesicht gab, das die Stadt noch heute prägt. Zu seinen Schülern zählten wichtige Künstler der Jugendstilepoche, wie Joseph Maria Olbrich, Koloman Moser und Josef Hoffmann.
Gemeinsam mit Gustav Klimt gehörten sie zu den Gründungsmitgliedern der sog. Wiener Secession, der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs. Am Eingang des von Olbrich entworfenen Secessionsgebäudes prangt eine Inschrift mit der Aufschrift “Ver Sacrum”, übersetzt “Heiliger Frühling”. Diese Inschrift gab auch der von der Vereinigung herausgegebenen Kunstzeitschrift ihren Namen.
Gemeinsam mit dem Kunstmäzen Fritz Waerndorfer gründeten Olbrich, Moser und Hoffmann 1903 die “Wiener Werkstätte”, deren Ziel es war Kunst und Handwerk miteinander zu verbinden und Gebrauchs- und Dekorationsgegenständen eine neue künstlerische Gestalt zu geben.

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Und Informationen zu den Künstler:innen und Manufakturen Made in Austria gibt es hier!

9. Sie prägten einen Stil: Liberty – Tiffany

Die Epoche von Jugendstil und Art déco wurde im angloamerikanischen Raum durch zwei Namen geprägt: Arthur Lasenby Liberty, in Großbritannien und Louis Comfort Tiffany in den USA.
Liberty selbst war kein Künstler aber er förderte und prägte die Künste durch die Gründung eigener Produktionsstätten und den Verkauf kunsthandwerklicher Objekte in seinem berühmten Kaufhaus Liberty’s of London.
Er war vor allem den neuen Strömungen der Arts and Crafts-Bewegung sehr zugetan und vor allem die Zusammenarbeit mit dem Designer Archibald Knox prägte über Jahre seine Produkte.
Die so entstandenen kunsthandwerklichen Arbeiten hatten einen derart prägenden Einfluss auf den neuen Stil, dass er z.B. in Italien bis heute Stile Liberty genannt wird.
Nicht weniger maßgebend war Louis Comfort Tiffany.
Die Glaskreationen, die der US-amerikanische Künstler und Unternehmer in seinen Tiffany Studios in New York entwickelte, sind bis heute prägend.

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10. Wege in die Moderne – Glaskunst

Auch nach dem Ende des Jugendstils blieb Glas einer der wichtigsten und innovativsten Werkstoffe. In den 1920er und 1930er Jahren reicht die Spannbreite vom puristisch-transparenten Klar-und Farbglas bis hin zu farbig-opaken Gläsern, die meist undekoriert dafür aber besonders formbetont gestaltet sind, und zu Gläser, die aus ein- oder mehrschichtigen Farbüberfängen (Kameoglas) bestehen. Aus ihnen wurden durch Schnitt, Säureätzung und Gravur die Oberflächen dekoriert.
Ein weiteres Verfahren, das seit dem 19. Jahrhundert bekannt war, ist die Pressglasherstellung. Ursprünglich für eine rationelle und preiswerte Massenproduktion des einfachen Gebrauchsglases entwickelt, erlangte es insbesondere in der französischen Art Déco-Epoche in der Kunstglasproduktion eine hohe Bedeutung und Verbreitung.
Überhaupt nahm Frankreich auf diesem Gebiet in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen eine Vorrangstellung ein. Begründet wurde dies durch so bedeutende Glashütten und Entwerfer wie René Lalique, Daum und Muller Frères in Lothringen, sowie Schneider, Sabino, Legras oder Etling im Großraum Paris.
In Mitteleuropa spielten auch weiterhin die böhmischen Glashütten und Veredelungsbetriebe eine wichtige Rolle. Die südböhmische Manufaktur Loetz Wwe. konnte zwar in der Gesamtheit nicht an das herausragende Niveau der Jahrhundertwende anknüpfen, zählte jedoch zusammen mit der nordböhmischen Firma Ludwig Moser & Söhne weiterhin zu den wichtigen Betrieben. In Deutschland produzierte die WMF unter den Markennamen Ikora und Myra eine beachtliche Bandbreite. Zu den produktivsten Entwerfern zählte der Münchner Glasverleger Jean Beck.

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Logo Glaskunst – Ausstellung “Stilwende 2.0 – Wege in die Moderne” – Jugendstilforum Bad Nauheim

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11. Wege in die Moderne – Keramik

In der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg vollzog sich ein starker Wandel in der Gestaltung in den verschiedenen Materialbereichen der angewandten Kunst und im Produktdesign. Dieser Wandel ist bei keramischen Erzeugnissen, sowohl im Bereich der Gebrauchs- als auch der Zierkeramik sehr deutlich.
Bereits zu Beginn der 1920er Jahre wurde vielerorts wie z.B. in der Bauhaus-Keramik ein Formenkanon entwickelt, der auf geometrischen Grundformen basierte und eine gradlinige, klare Gestaltung zum Ausdruck brachte. Dieser neue Formenkanon wurde zum richtungweisenden Maßstab für die 1920er und 1930er Jahre.
In der Ausgestaltung der Oberfläche gab es zwei gegensätzliche Richtungen:
Bei undekorierter Keramik traten farbige Glasuren an die Stelle der dekorativen Verzierung und erzeugten den formal-ästhetischen Reiz. Sie waren vor allem in der künstlerischen Keramik eines der zentralen Themen.
Den Gegenpol bildete die dekorative Oberflächengestaltung, die gerade in der Art Déco- Epoche markante und oft farbintensive Erscheinungen hervorbrachte und die fast immer eine betont malerische Komponente aufweisen. Damit fanden Strömungen der bildenden Kunst durch keramische Gebrauchsgegenstände Eingang in den Alltag.
Keramik als Tafelware war gegen Ende der 1920er Jahre, so scheint es, tatsächlich ein Modeartikel. In Deutschland äußerte sich dies in den modischen Spritzdekoren und in Frankreich im Besonderen in den extravaganten Formen.

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12. Wege in die Moderne – Metalldesign

In wohl keinem anderen Materialbereich in der angewandten Kunst wurde eine moderne Gestaltung, reduziert auf eine betont klare Formgebung, so konsequent umgesetzt wie in der Metallkunst. In der Metallkunst ist man materialbedingt auf wenige Farben beschränkt, und das Objekt erscheint im Wesentlichen – abgesehen von Metallkombinationen – nur in einem Farbton. Metallisch glänzende Oberflächen liefern, akzentuiert durch Kombination mit andersfarbigen Materialien wie Holz oder Elfenbein bei Griffen, Henkeln oder Knäufen, ein stilprägendes Bild der Art Déco-Ära.
Frankreich nahm in dieser Ära im Bereich der Metallgestaltung eine bedeutende Stellung ein, getragen von so richtungsweisenden Entwerfern wie Jean-Émile Puiforcat, Christian Fjerdingstad oder Luc Lanel. Ein sachlich-moderner Stil, häufig basierend auf elementaren Grundformen, setzte sich gegen Ende der 1920er Jahre in vielen europäischen Ländern durch. Dass sich eine avantgardistische Gestaltung und deren serielle Produktion nicht ausschließen, zeigen vorzügliche Beispiele großer Metallwarenhersteller wie Dupper & Bernhold, August Wellner, WMF, der österreichischen Berndorfer Metallwarenfabrik von Arthur Krupp sowie in der Schmuckproduktion von Gustav Braendle.
Die Gestaltung und Herstellung von nicht verzierten Metallobjekten, reduziert auf einfache, mitunter schlichte Formen, erforderte gewiss auch Mut zur Sachlichkeit. Denn größer konnte der Kontrast kaum sein, vergleicht man diese mit den oft üppig dekorierten und häufig ausladend geschwungenen Formen der Jugendstil Epoche. Letztlich mussten diese Stücke auch Abnehmer:innen finden.

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Logo Metalldesign – Ausstellung “Stilwende 2.0 – Wege in die Moderne” – Jugendstilforum Bad Nauheim

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13. Wege in die Moderne – Bauhaus Reflexionen

Die Vorgeschichte der Bauhaus-Ära der 1920er und -30er Jahre begann in Deutschland mit einem der vielleicht wichtigsten Schritte hin zur Moderne: der Gründung des Deutschen Werkbundes im Jahr 1907. Vollzogen wurde dieser Schritt zu einem Zeitpunkt, als die Jugendstil Epoche ihren Höhepunkt bereits überschritten hatte.
Eines der wesentlichen Ziele war es, eine neue Ästhetik für Gebrauchsgüter, aber auch für kunstgewerbliche Zierobjekte zu erreichen. Als Ergebnis sollten technisch und gestalterisch hochwertige Qualitätsprodukte entstehen.
Hiermit waren praktisch auch schon wesentliche Ziele des späteren Bauhauses in der Ära der Neuen Sachlichkeit fixiert. Auf internationaler Ebene leitete sich daraus die Maxime der Moderne ab: Form follows Function.
Waren die frühen Jahre mitunter noch ein Suchen und Herantasten an neue funktionale Gestaltungen, so wurde ab etwa 1923 die Formensprache entwickelt und gefunden, die uns heute dazu verleitet, von einem „Bauhaus-Stil“ zu sprechen.
Die Ausbildung am Bauhaus erfolgte nach den elementaren Vor- und Grundkursen in den Werkstätten. Diese wurden jeweils von einem Form- und einem Werkmeister geleitet, die – verkürzt formuliert – für die Vermittlung von Theorie und Praxis unter dem Aspekt der Zusammenführung von Kunst und Handwerk zuständig waren.
Abgesehen von den Arbeiten, die von Student:innen und Lehrer:innen in den Werkstätten entstanden sind, war das Bauhaus keine Produktionsstätte. Allerdings kamen z.B. aus der Keramikwerkstatt und in einem größeren Umfang aus der sehr produktiven Metallwerkstatt einige Entwürfe, die in eine externe Serienproduktion gingen. Mit Marianne Brandt und Wilhelm Wagenfeld hatte letztere auch zwei prominente Absolvent:innen.
Das Bauhaus, 1919 durch Walter Gropius gegründet, existierte zeitgleich mit der Weimarer Republik knapp 14 Jahre lang als Institution. Für beide kam das Ende im Jahr 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Die Wirkung, die das Bauhaus entfaltete, reicht jedoch bis in die Gegenwart.

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14. Angewandte Graphik von 1900 bis 1930

Zeitungen, Illustrierte und Magazine waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts die wichtigsten Kommunikationsmittel. So gab es allein in der Hauptstadt Berlin über 200 verschiedene Publikationen. Andere Massenkommunikationsmittel, vor allem das Radio, standen am Anfang und fanden erst ab Mitte der 1920er Jahre eine größere Verbreitung. Die Bilder hatten durch die Erfindung des Films zwar schon laufen gelernt, sprechen konnten sie aber erst ab dem Jahr 1927. Im Fernsehen machten die Bilder in den 1930er Jahren die ersten Schritte. Vor diesem Hintergrund nahmen die Printmedien einschließlich der Plakatkunst eine herausragende Stellung ein. Sie waren erste Wahl in der Vermittlung von Informationen. Trends jedweder Art vor allem auch in der Mode wurden durch sie gesetzt.
Der Einzug der Moderne äußerte sich auch durch neue Layout-Konzeptionen und die Entwicklung neuer moderner, serifenloser Schrifttypen. Neben der graphischen Gestaltung der Bewerbung eines Produktes rückte auch die Verpackungsgestaltung und damit das visuelle Erscheinungsbild desselben in den Fokus.

Was man heute unter dem Begriff Corporate Design hatte seine Anfänge in jenen Jahrzehnten zwischen 1900 und 1930.
Vor allem auch die Modegraphik erlebte in diesen Jahren eine große Blütezeit, bevor ab den 1930er Jahren die Photographie auch hier ihren Siegeszug antrat.

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Logo Angewandte Graphik – Ausstellung “Stilwende 2.0 – Wege in die Moderne” – Jugendstilforum Bad Nauheim

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Stilwende 2.0 – Auf dem Weg zur Neuen Frau

“Tell the people who I am”!

Die Künstlerin Vally Wieselthier (1895-1945) richtete diese Worte in einem Telegramm Ende der 1930er Jahre an den damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt.
Ihre Worte verdeutlichen die Lage weiblicher Künstler am Beginn des 20. Jahrhunderts eindrucksvoll: Sie arbeiteten und produzierten viel, aber man sah sie nicht, und vielfach galt ihre Kunst als minderwertig. Selbst diejenigen unter ihnen, die es schafften, bekannt und anerkannt zu werden, sind heute, gerade einmal 100 Jahre später, nahezu vergessen, ganz im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen.

Mit unserem Fokusthema „Stilwende 2.0 – Auf dem Weg zur Neuen Frau“ möchten wir ein klein wenig dazu beitragen, diese Frauen wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu holen und ihre Geschichten zu erzählen.
Sie finden in jedem Raum der Ausstellung “Stilwende 2.0 – Wege in die Moderne” eine farblich hervorgehobene Texttafel, die Künstler:innen aus der Zeit des Jugendstils bis hinein in die 1930er Jahre vorstellt oder sich mit der Darstellung von Frauen in Kunst und Gesellschaft beschäftigt.
Außerdem haben wir bei der Objektauswahl darauf geachtet vor allem die Kunstwerke von Frauen zu zeigen.
Als Ergänzung finden Sie im Flur zur Bad Nauheimer Geschichte einen Raum mit der Überschrift “1900 – Frauenleben in Bad Nauheim”. Hier stellen wir Ihnen in sechs Themenpunkten zahlreiche Frauen und ihre Geschichten vor, die in Zusammenhang mit Bad Nauheim stehen:

  1. Von Badwärterinnen und Wäscherinnen
  2. Der weibliche Kurgast
  3. Die Fahrrad-Prinzessin in Bad Nauheim
  4. Kaiserinnen geben sich die Ehre
  5. Zwei Frauen und ein Weltbad
  6. Wissenschaftlerinnen und Ärztinnen

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Ausstellung "Auf dem Weg zur Neuen Frau" - Jugendstilforum Bad Nauheim