Stil der Jugend: München – Nürnberg – Württemberg

Der Jugendstil in Süddeutschland – Von Plakat- und Metallkünstlern bis zu Keramikern

München, das war um 1900 eine Stadt der Künste und es war die Stadt in der der Name für den neuen Stil quasi erfunden wurde, denn hier wurde seit 1896 eine Zeitschrift herausgegeben, die den Titel Jugend trug. In dieser Zeitschrift wurde der neue Stil in all seinen Facetten propagiert und vorgestellt und so wundert es nicht, dass München bald zu einer der Hauptstädte des Jugendstils wurde.
Zahlreiche Künstler:innen ließen sich in München nieder, arbeiteten oder studierten hier und entwickelten den Jugendstil weiter. Zu ihnen gehörten u.a. Paul Klee, Wassily Kandinsky, Walter Schnackenberg, Friedrich Adler, Ernst Ludwig Kirchner, Gertraud von Schnellenbühel und Clara Truëb.

Nürnberg war weniger die kreative Künstler:innenstadt sondern mehr die Werkstatt. Vor allem Metallverarbeitende Werkstätten fanden sich hier, aber mit Johann von Schwarz auch ein wichtiger Keramikbetrieb.
Wichtig für den Jugendstil wurde Nürnberg aber noch in anderer Hinsicht, denn hier wurde 1869 das Bayerische Gewerbemuseums gegründet und zwischen 1901 und 1913 veranstaltete dieses Museum zahlreiche Meisterkurse. Als Lehrer wurden vor allem bekannte und wichtige Vertreter des neuen Stils eingeladen, wie Peter Behrens (Link auf Darmstadt), Richard Riemerschmid, Paul Haustein (Link auf Darmstadt) oder auch Friedrich Adler.

Württemberg: Pforzheim, Heilbronn, Schwäbisch Gmünd, Esslingen und Geislingen, das sind die fünf Städte, die in Sachen Jugendstil in Württemberg besonders hervorstechen.  
Pforzheim, das war die Goldstadt, in der nahezu 500 Betriebe mit der Verarbeitung des edlen Metalls vor allem im Schmuckbereich beschäftigt waren. Im Schmuck- und Silberkabinett dieser Ausstellung spielt Pforzheim daher eine besondere Rolle.
Heilbronn und Schwäbisch Gmünd waren die Städte eines anderen Edelmetalls: Silber. Auch hier wurde vor allem Schmuck gefertigt, der in unserem Schmuck- und Silberkabinett zu bewundern ist.
Unedle Metalle wie Zinn, Messing und Kupfer spielten in Esslingen und Geislingen die Hauptrolle.

Jugendstil in Süddeutschland – Künstler:innen und Manufakturen

Friedrich Adler

Friedrich Adler
  • Geboren wurde Friedrich Adler am 29. April 1878 im oberschwäbischen Laupheim als Sohn eines Konditormeisters. Schon früh wurden seine künstlerischen Fähigkeiten entdeckt und auch gefördert. Bereits mit 16 Jahren begann er ein Studium an der Münchner Kunstgewerbeschule, das bis 1898 dauerte. Vier Jahre später (1902), setzte er sein Studium an der eben gegründeten Debschitz-Schule fort, an der er im Folgejahr auch begann als Lehrer zu arbeiten.
    Bis 1907 blieb er in München, bevor er in diesem Jahr nach Hamburg an die dortige Kunstgewerbeschule wechselte. Dem Süden Deutschlands blieb er aber durchaus verbunden und leitete zwischen 1910 und 1913 nicht weniger als vier Meisterkurse in Nürnberg.
    Der 1. Weltkrieg unterbrach seine künstlerische Arbeit und seine Lehrtätigkeit. 1918 kehrte er an die Kunstgewerbeschule Hamburg zurück und wurde dort 1927 zum Professor berufen. Von den Nationalsozialisten wurde er 1933 aufgrund seiner jüdischen Herkunft entlassen.
    Bis 1941 hatte er nurmehr die Möglichkeit privat Schüler:innen zu unterrichten, in jüdischen Institutionen Vorträge zu halten oder in deren Publikationen Artikel zu veröffentlichen.
    Am 11. Juli 1942 wurde Friedrich Adler nach Auschwitz deportiert, als nicht arbeitsfähig eingestuft und wenige Tage darauf – ein genaues Datum ist nicht bekannt – ermordet.
    Künstlerisch war Friedrich Adler für den Jugendstil und ebenso für das darauf folgende Art déco prägend. Im Laufe seines Lebens lieferte er Entwürfe für mehr als 50 Metallwarenfabriken, darunter Bruckmann & Söhne, ebenso wie Osiris und Orion.
    Seit etwa 1929 gehörte er zu den ersten Künstlern und Designern, die sich des neuen Werkstoffs Kunststoff annahmen und daraus vor allem Haushaltsgegenstände fertigten.
    Das tragische am Leben Friedrich Adlers ist der Umstand, dass er im Jahr 1936 eine Reise nach Palästina unternahm auf der er auch seine nach Zypern emigrierte Frau mit den gemeinsamen Töchtern besuchte. Er blieb nicht dort, sondern kehrte nach Deutschland zurück und wurde ein Opfer des Holocaust.

Richard Riemerschmid

Richard Riemerschmid

Der 1868 geborene Richard Riemerschmid machte vor allem als Architekt und Designer von sich reden.
1887 hatte er ein Studium an der Münchner Kunstakademie begonnen, das er 1889 abschloss und danach als freischaffender Künstler und Architekt arbeitete.
Riemerschmid engagierte sich neben seiner künstlerischen Tätigkeit auch für die Belange von Künstler:innen und die Reformbewegung und wurde 1897 Mitbegründer der Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk und 1907 auch Gründungsmitglied des Deutschen Werkbunds.
Zwischen 1912 und 1924 war er Leiter der Kunstgewerbeschule München und wechselte 1926 als Direktor an die Kölner Werkschulen, wo er bis 1931 blieb, bevor er als Pensionär erneut nach München zog, wo er 1957 auch verstarb.

Das Ehepaar Sophie Burger-Hartmann und Fritz Burger

Sophie Burger-Hartmann und Fritz Burger

Sophie Burger-Hartmann wurde 1868 in München geboren. Sie absolvierte zunächst ein Studium an der Münchner Kunstgewerbeschule und studierte dann Malerei. Wahrscheinliche lernte sie ihren späteren Mann Fritz Burger in dieser Zeit kennen.
Bekannt wurden von ihr vor allem ihre Schmuckentwürfe und ihre Bronzefiguren, die seit 1897 von den Münchner Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk ausgeführt und vertrieben wurden.
Ihre Werke wurden auf zahlreichen Ausstellungen gezeigt, auch auf verschiedenen Weltausstellungen in Paris, Turin und St. Louis.
Auf der Weltausstellung in Paris 1900 erhielt sie eine Goldmedaille, was Julius Meier-Graefe bewog ihre Arbeiten auch in die Galerie La Maison Moderne aufzunehmen.
Sophie Burger-Hartmann starb 1940.

Im Gegensatz zu seiner Frau wissen wir über Fritz Burger nahezu nichts, außer, dass er an der Münchner Kunstakademie studierte. Der 1867 geborene Burger wurde von seinen Zeitgenossen als famoser Porträtist bezeichnet und war mit seinen Arbeiten auch am Künstlerfest In Arkadien beteiligt, das von Franz von Stuck und Franz von Lenbach mit organisiert wurde.
Er starb 1927.

Adelbert Niemeyer

Adelbert Niemeyer

Der 1867 geborene Adelbert Niemeyer studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie und auch an der Pariser Académie Julian. 1892 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Münchner Secession, 1902 zu denen der Werkstätten für Wohnungseinrichtung in München und letztlich auch zu den Mitgründern des Deutschen Werkbundes.
Seine Werke wurden auf der 1904 stattgefundenen Weltausstellung in St. Louis gezeigt und mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Im gleichen Jahr begann Niemeyer Entwürfe für die Porzellanmanufaktur Nymphenburg anzufertigen. Es entstanden vor allem Entwürfe für Vasen, Schreibgarnituren und Geschirr.
Von 1907 an war er 25 Jahre lang als Professor an der Münchner Kunstgewerbeschule tätig. Adelbert Niemeyer starb 1932.

Bruno Paul

Bruno Paul Plakat "Kunst im Handwerk"
Bruno Paul Plakat “Kunst im Handwerk”
Foto: Sammlung „1900 modern times“ Manfred Geisler – Jugendstilforum Bad Nauheim, CC-by SA 4.0
Bruno Paul

Der 1874 geborene Bruno Paul studierte an den Kunstakademien in Dresden und München. 1896/7 begann er als Zeichner für die Zeitschriften Jugend und Simplicissimus zu arbeiten. Ein Jahr später gehörte er zu den Mitbegründern der Vereinigten Werkstätten für die er auch 1901 das Ausstellungsplakat Kunst im Handwerk entwarf. Dieses ist eines der frühesten und bekanntesten Münchener Plakate.
Später arbeitete Paul als Architekt und Innenraumdesigner. Außerdem entwarf er kunsthandwerkliche Objekte u.a. für die Firma Osiris.

Bruno Paul (1907)
Bruno Paul 1907 in seinem Atelier, Foto: gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Walter Schnackenberg

Walter Schnackenberg

Walter Schnackenberg wurde 1880 geboren und studierte an der Münchner Akademie bei Franz von Stuck. In den ersten Jahren zeichnete er vor allem Karikaturen für die Zeitschrift Simplicissimus. auch für die Zeitschrift Jugend entwarf er einige Beiträge.
Durch Reisen nach Frankreich lernte er die dortige Plakatkunst kennen, die er stilistisch in vielen Teilen übernahm. Insgesamt weist sein Stil bereits in Richtung Art déco. Die karikaturistische Grundnote hielt er aber fast immer bei.
Walter Schnackenberg starb 1961.

Walter Schnackenberg Plakat Bonbonniere
Walter Schnackenberg Plakat Bonbonniere
Foto: Sammlung „1900 modern times“ Manfred Geisler – Jugendstilforum Bad Nauheim, CC-by SA 4.0

Ludwig Hohlwein

Ludwig Hohlwein

Auch der 1874 geborene Ludwig Hohlwein gehörte wie Schnackenberg zu den Wegbereitern der modernen Plakatkunst. Er hatte zunächst Architektur an den Technischen Hochschulen München und Dresden studiert, bevor er sich als Architekt selbständig machte.
Neben der Architektur widmete er sich von Beginn an auch der Grafik und verlegte sich ab den 1910er Jahren vollständig auf die Plakatkunst. Schon früh erstellte er Werbeplakate für z.B. für die Firmen Stollwerck und Henkell.
Hohlwein trat 1933 der NSDAP bei für die er schon vorher gearbeitet hatte. Zwischen 1933 und 1945 prägte er das ästhetische Bild der Nationalsozialisten mit. 1944 kam er auf die Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.
Nach dem Krieg erhielt er aufgrund dieser Vorgeschichte bis 1946 Berufsverbot und arbeitete dann wieder als Grafiker. Er starb 1949 in Berchtesgaden.
Sein Stil ist betont flächig, konturiert und farbig.
Ludwig Hohlwein starb 1949.

Ludwig Hohlwein Werbeplakat Riquetta
Ludwig Hohlwein Werbeplakat Riquetta Foto: Sammlung „1900 modern times“ Manfred Geisler – Jugendstilforum Bad Nauheim, CC-by SA 4.0

Adolf von Mayrhofer

Adolf von Mayrhofer - Gürtelschließe, Silber
Adolf von Mayrhofer – Gürtelschließe, Silber Foto: Sammlung „1900 modern times“ Manfred Geisler – Jugendstilforum Bad Nauheim, CC-by SA 4.0
Adolf von Mayrhofer

Der 1864 geborene Adolf von Mayrhofer machte zunächst eine Ausbildung zum Ziseleur und machte sich 1903 selbständig. Mit der Werkstätte von Eduard Wollenweber (1847–1918) für die er zwischenzeitlich gearbeitet hatte blieb er aber auch weiterhin verbunden.
In seinem Repertoire finden sich zunächst alle Arten von Silberobjekten. 1907 spezialisierte er sich dann auf Schmuck.
Seine Arbeiten wurden auf zahlreichen internationalen Ausstellungen präsentiert und teils mit Goldmedaillen ausgezeichnet.
Mayrhofer starb im Jahr 1929.

Moses Tobias Wetzlar

Moses Tobias Wetzlar Schmuckdose
Moses Tobias Wetzlar Schmuckdose
Foto: Sammlung „1900 modern times“ Manfred Geisler – Jugendstilforum Bad Nauheim, CC-by SA 4.0
Moses Tobias Wetzlar

Die Silberschmiede von Tobias Moses Wetzlar (1847-1916) wurde 1875 gegründet und bestand als Manufaktur bis zu ihrer Zwangsarisierung im Jahr 1938.
Um 1900 gehörte die Werkstatt mit angegliedertem Geschäft zu den führenden Adressen in München und auch zu den Hoflieferanten.
Nach dem Tod des Firmengründers übernahmen seine drei Söhne den Betrieb. Sie konnte nach der Zwangsarisierung noch rechtzeitig nach England fliehen.

Jan Eisenloeffel

Jan Eisenloeffel Kanne mit Stövchen
Jan Eisenloeffel Kanne mit Stövchen
Foto: Sammlung „1900 modern times“ Manfred Geisler – Jugendstilforum Bad Nauheim, CC-by SA 4.0
Jan Eisenloeffel

Der Niederländer Jan Eisenloeffel wurde 1876 geboren und zählt zu den wichtigsten Metallkünstlern des frühen 20. Jahrhunderts.
1896 schloss er sein Zeichenstudium an der Amsterdamer Hochschule ab und arbeitete in der Goldschmiedewerkstatt Hoeker & Zoon. In dieser Zeit hielt er sich auch eine Weile in Russland auf und erwarb hier Kenntnisse in der Emailtechnik.
Eisenloeffel kombinierte diese beiden Bereiche in seinen Arbeiten und wurde dafür auf der Weltausstellung 1900 in Paris mit einer Goldmedaille ausgezeichnet, zunächst noch unter dem Label von Hoeker. Später erhielt er derartige Auszeichnungen aber auch für Objekte, die nur unter seinem Namen produziert waren.
Eisenlöffel machte sich zunehmend einen Namen und selbst Henry van de Velde sang in der Zeitschrift Innendekoration ein Loblied auf ihn. Letztlich wurde er zu einem Wegbereiter des geometrischen Jugendstils bis sich sein Stil in den 1910er Jahren grundlegend änderte und er plötzlich üppig dekorierte Einzelstücke aus betont edlen Materialien herstellte.
Jan Eisenloeffel starb 1957.

Vereinigte Werkstätte für Kunst im Handwerk

Vereinigte Werkstätten für Kunst im Handwerk

Die Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk wurden 1898 gegründet und hatte ihren Sitz in München und zeitweilig in Bremen. Der Zweck des von Künstler:innen gegründeten Unternehmens war es Inneneinrichtungen in individuellen Kleinserien zu fertigen und so das Kunsthandwerk, ganz im Geist des Jugendstils zu stärken. Als Künstler begleiteten diesen Zusammenschluss von Handwerksbetrieben zu Beginn Bruno Paul, Bernhard Pankok, Richard Riemerschmid und Hermann Obrist.
Schnell gelang es auch andere namhafte Künstler:innen wie Peter Behrens, Margarethe von Brauchitsch, Paul Haustein oder Theodor Schmuz-Baudiß für das Projekt zu gewinnen.
Schnell feierten die Entwürfe der Vereinigten Werkstätten zahlreiche Erfolge, wie Grand Prix auf den Weltausstellungen in Paris (1900), St. Louis (1904) oder der 1. Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin (1902).
Nach vielen Aufs und Abs wurden die Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk 1991 endgültig geschlossen.

Osiris-Isis Werke: Walter Scherf

Osiris-Isis Werke: Walter Scherf

Walter Scherf (1875-1909) gründete 1899 die Metallwarenfabrik für Kleinkunst Walter Scherf & Co. in Nürnberg, die unter dem Namen der altägyptischen Gottheiten Osiris-Isis bekannt wurde. Schon bald wurde die Firma neben Orivit und Kayserzinn zu einem der bedeutendsten Produzenten für Zinnobjekte im neuen Stil.
Die Blütezeit des Unternehmens währte nur kurz, dennoch entstanden in gerade einmal zehn Jahren mehr als 1.300 Modelle.
Die wichtigsten Entwerfer für Osiris-Isis waren neben Friedrich Adler, Rudolf Bosselt, Bruno Paul, Franz Kainzinger und Hermann Gradl.

Orion: Georg Friedrich Schmitt

Orion: Georg Friedrich Schmitt

Ebenfalls in Nürnberg ansässig war die Metallwarenfabrik Orion. Sie war 1903 von Georg Friedrich Schmitt (1859-1938) gegründet worden und orientierte sich stark an der Produktpalette von Osiris-Isis. Der Grund dafür ist wohl vor allem in dem Umstand zu sehen, dass Friedrich Adler auch hier einer der wichtigsten Entwerfer war.
Die Geschichte von Orion ist noch deutlich kürzer als die von Osiris-Isis, denn bereits 1906 wurde die Firma vom Kölner Konkurrenten Orivit übernommen. In den drei Jahren ihres Bestehens entstanden ca. 250 unterschiedliche Modelle. Die erfolgreichen Modelle wurden von Orivit in der Folgezeit weiter produziert.

Orion - Dose aus grünem Glas mit Metallmontur
Orion – Dose aus grünem Glas mit Metallmontur

Johann von Schwarz

Johann von Schwarz
  • Johann Christoph David von Schwarz (1802-1855) war ein wahrer Tausendsassa, wenn es um geschäftliche Unternehmungen ging. Er war der Sohn eines erfolgreichen Geschäftsmannes, dessen Tabakfirmen er später übernahm. Den Grundstein für eine eigenständige Karriere aber legte er im Jahr 1827, als er den Auftrag erhielt Fenster über dem Haupteingang des Regensburger Doms zu fertigen. Daraufhin gründete er ein eigenes Institut für Glasmalerei, geleitet von Hermann von Meyer (1801-1869).
    Grundstücksgeschäfte, die er außerdem noch machte, brachten ihm die Abbaurechte für Specksteingruben ein, so begann er Knöpfe, Dominosteine und anderes daraus zu fertigen.
    Nach seinem Tod übernahmen seine Söhne die zahlreichen Firmen des Vaters und begannen 1867 aus den Resten der Specksteine Terracotta für Gartenschmuck und Fayencen herzustellen. Diese Erzeugnisse feierten große Erfolge auf verschiedenen Ausstellungen.
    Die erfolgreichste Zeit der Firma aber fällt in die Zeit des Jugendstils, in die Ära von Carl Sigmund Luber, der dort 1897 begann zu arbeiten. Aus Specksteinmehl, Kaolin und anderen Bestandteilen wurde ein neuartiger Werkstoff mit Namen Steatit entwickelt. Dieses Material war besonders hart und formstabil und ermöglichte es den daraus hergestellten Objekten ganz besonders leuchtkräftige Farben zu verleihen.
    Bis ins Jahr 1906 fertigte die Firma hieraus unter dem Warenzeichen NORICA einzigartige Jugendstilkeramiken.

Carl Sigmund Luber

Carl Sigmund Luber
  • Der Bildhauer Carl Sigmund Luber wurde 1868 in München geboren. Seine Lehre begann er ca. 1881 bei Joseph Wilhelm Nissen. Nach Wanderjahren ging er in die Bildhauerklasse der Kunstgewerbeschule München, arbeitete kurzzeitig als Zeichenlehrer und erhielt dann ein Angebot der Firma Johann von Schwarz künstlerischer Leiter der „Fabrik artistischer Fayencen“ zu werden, das er annahm.
    Phantasiereich und floral ist die Produktpalette, die Luber für seinen neuen Arbeitgeber entwickelte. Es waren vor allem Vasen, Kannen und Wandkacheln mit der damals modernen Unterglasurmalerei, die entstanden und für die sich der neue Werkstoff Steatit besonders gut eignete.
    Nachdem die Produktion 1906 eingestellt wurde, arbeitete Luber unter anderem für eine Münzprägeanstalt und eine Spielwarenfabrik. Im Jahr 1908 kehrte er nach München zurück und wurde für die dortige Handwerkskammer tätig. Er starb am 30. Juni 1934 in München.

WMF

WMF

Die drei Buchstaben WMF stehen für Württembergische Metallwarenfabrik. Gegründet worden ist das Unternehmen im Jahr 1853 von Daniel Straub zusammen mit den Brüdern Louis und Friedrich Schweizer als Metallwarenfabrik Straub & Schweizer. Nach dem Ausscheiden der Gebrüder Schweizer und der Fusion mit der Firma Ritter & Co. wurde das Unternehmen in Württembergische Metallwarenfabrik AG umbenannt.
Nach dem Börsengang übernahm die Württembergische Vereinsbank zunächst die Mehrheitsanteile, verkaufte sie allerdings 1882 an Gustav Siegle, dessen Nachfahren bis ins Jahr 1980 Mehrheitsaktionäre blieben.
Im Jahr 1900 beschäftigte die in Geislingen ansässige WMF 3.000 Mitarbeiter:innen.
In der Zeit des Jugendstils gehörte das Unternehmen zu den führenden Herstellern von Metallobjekten im modernen Stil.

Jugendstil in Süddeutschland – Themen und Stichworte

Die Zeitschrift “Jugend”

Die Zeitschrift “Jugend”

Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben“ lautete der Untertitel jener Zeitschrift, die mit ihrem Hauptnamen Jugend dem Jugendstil seinen Namen geben sollte und das obwohl längst nicht alles, was die Zeitschrift veröffentlichte auch dem Jugendstil zuzurechnen ist. Neben Art nouveau findet sich vor allem auch viel impressionistisches in den Heften.
Gegründet worden war die Jugend 1896 vom Journalisten und Verleger Georg Hirth (1841-1916) gemeinsam mit dem Redakteur und Schriftsteller Fritz von Ostini (1861-1937).
Bekannt wurden vor allem die Grafiken, die in der Jugend von zahlreichen namhaften und aufstrebenden Künstler:innen veröffentlicht wurden. Daneben gab es aber auch zahlreiche kulturkritische und auch satirische Beiträge.
In den 1920er Jahren gehörten beispielsweise auch Kurt Tucholsky und Erich Kästner zu den Autoren der Jugend.
Ab der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurden die Inhalte der Zeitschrift zunehmend völkisch-national, eine Tendenz, die es schon zuvor gegeben hatte, dennoch wurde die Jugend 1940 eingestellt.
Die Liste der Künstler:innen und Autor:innen, die ihre Werke in der Jugend veröffentlichten ist schier endlos und liest sich wie das Who is Who des frühen 20. Jahrhunderts.

Die Zeitschrift “Dekorative Kunst”

Die Zeitschrift “Dekorative Kunst”

Die Zeitschrift Dekorative Kunst – Illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst wurde 1897 von Hugo Bruckmann (1863-1941) gemeinsam mit Julius Meier-Graefe (1867-1935) gegründet. Seit 1900 erschien sie gemeinsam mit der ebenfalls von Bruckmann herausgegebenen Zeitschrift Die Kunst für alle unter dem Titel Die Kunst. Allerdings wurden die Bände mit gerader Zählung bis 1939 auch weiterhin parallel unter dem hergebrachten Titel herausgegeben.
Der inhaltliche Schwerpunkt der Dekorativen Kunst lag im Bereich Architektur und Innenraumgestaltung. Daneben wurden aber auch Themen wie Landschafts- und Gartenarchitektur, Skulptur, Malerei und Kunsthandwerk behandelt.

Julius Meier-Graefe und der Jugendstil in Süddeutschland

Lovis Corinth: Porträt Julius Meier-Graefe, 1912–1914
Lovis Corinth: Porträt Julius Meier-Graefe, 1912–1914, gemeinfrei
Julius Meier-Graefe

Der 1867 in Ungarn geborene Julius Meier-Graefe absolvierte zunächst ein Ingenieur-Studium in München. 1890 zog er nach Berlin, wo er mit historischen und vor allem kunsthistorischen Studien begann. Edvard Munch war das Thema der ersten Arbeit, die von ihm erschien bevor er 1895 zum Mitbegründer der Zeitschrift Pan wurde, aus deren Kreis er aber bereits 1896 wieder ausschied, nachdem es zum Streit über freizügige Lithographien von Henri Toulouse-Lautrec gekommen war.
Ebenfalls 1895 unternahm er gemeinsam mit Siegfried Bing eine Reise, die beide auch zu Henry van de Velde führte, der das Leben von Meier-Graefe zukünftig stark beeinflussen sollte. So war es van de Velde, der die gesamte Inneneinrichtung für die 1898 von Meier-Graefe eröffnete Galerie La Maison Moderne in Paris entwarf.
Bereits ein Jahr zuvor hatte Meier-Graefe gemeinsam mit Hugo Bruckmann die Zeitschrift Dekorative Kunst gegründet von der ab 1899 auch eine französische Ausgabe unter dem Titel L’Art Décoratif erschien, die annähernd alle Arbeiten von Henry van de Velde publizierte.
Mit seinem Umzug nach Saint-Cyr-sur-Mer im Jahr 1930 und der Einladung an verschiedene Künstler:innen sich in seiner Nähe niederzulassen, gab Julius Meier-Graefe den Impuls zur Gründung der Flüchtlingskolonie in Sanary-sur-Mer zu deren Mitgliedern unter anderen Bertolt Brecht, Ferdinand Bruckner, Lion und Marta Feuchtwanger, Bruno Frank, Walter Hasenclever, Franz und Helen Hessel, Alfred Kantorowicz, Egon Erwin Kisch, Annette Kolb, Franz Werfel und Alma Mahler-Werfel, Arnold Zweig und Stefan Zweig , die Brüder Golo, Heinrich und Klaus Mann, sowie ihre Eltern Katja und Thomas Mann gehörten.  
Am 5. Juni 1935 starb Julius Meier-Graefe in der Schweiz.

Wilhelm von Debschitz und die Debschitz-Schule

Wilhelm von Debschitz im Halbprofil in Lüneburg, um 1948
Halbfigur im Dreiviertelprofil nach links gewandt vor einem verschwommenen Hintergrund. Wilhelm von Debschitz stützt sein Kinn auf seine verschränkten Hände. Er trägt ein Sakko mit Hemd. – gemeinfrei
Quelle: http://www.gnm.de/museum/abteilungen-anlaufstellen/deutsches-kunstarchiv/
Wilhelm von Debschitz und die Debschitz-Schule

Der offizielle Name der als Debschitz-Schule bekannten reformierten Kunstschule in München, die 1902 gegründet wurde, lautete Lehr- und Versuchs-Atelier für angewandte und freie Kunst.
Ihr Gründer war der Sohn eines preußischen Offiziers Wilhelm von Debschitz (1871-1948). Gemeinsam mit dem Zeichner, Bildhauer und Mitbegründer des deutschen Jugendstils Hermann Obrist (1862-1927) gründete er jene Reformschule deren Bestreben es war bildende und angewandte Kunst ganz im Sinn des neuen Stils zusammenzuführen.
Das aber war nicht das einzig revolutionäre an dieser Schule. Beinah noch revolutionärer als die künstlerischen Reformideen war die Tatsache, dass Männer und Frauen an dieser Schule gleichberechtigt waren, wohingegen an anderen Kunstakademien Frauen gar nicht erst zugelassen wurden. An der Debschitz-Schule gab es sogar Frauen in den obersten Leitungspositionen, so wurde bspw. das Keramikatelier seit 1907 von Clara Truëb geleitet.
Dieser gleichberechtigte Umgang der Geschlechter trug vor allem auch dazu bei, dass die Schule zahlreiche Beziehungen und Ehen von Künstler:innen stiftete.
Auch die Liste der Debschitz-Schule liest sich wie ein Who is Who. Zu den Schüler:innen zählten u.a. Friedrich Adler, der später dort auch Lehrer wurde, gleiches gilt für Clara Truëb, Ernst-Ludwig Kirchner, Georg Mendelssohn, Harriet Ellen Siderovna von Rathlef-Keilmann, Sophie Taeuber-Arp, Gertraud von Schnellenbühel. Zu den Lehrer:innen gehörten neben vielen anderen auch Else Sapatka und Karl Schmoll von Eisenwerth.