Der neue Stil in Europa – Von „Modern Style“ und „Art Nouveau“ bis „Jugendstil“
Die Zeit der Jahrhundertwende vom 19. hin zum 20. Jahrhundert war eine Epoche der Umbrüche, des Wachstums, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. Die maschinelle Massenproduktion konnte Konsumgüter in bisher unbekannter Zahl erzeugen, gleichzeitig ging sie aber auch einher mit einer zunehmenden Verelendung breiter Massen, vor allem der Fabrikarbeiter.
Genau aus diesem Spannungsfeld heraus entwickelte sich der Jugendstil, der sehr viel mehr war als nur eine Kunstepoche.
Wegbereiter dieses neuen Stils war die Arts- and Crafts Bewegung, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in England entstand. Die 1. Weltausstellung in London im Jahr 1851 hatte die maschinelle Massenproduktion überdeutlich gezeigt und auch den Hang des viktorianischen Zeitalters für übertriebene Pracht. Hieraus resultierte bei vielen Künstler*innen eine Ablehnung. In England war es vor allem William Morris (1834-1896), der Kritik an den materialfremden Ideen seiner Zeit übte und mit seinem Hang zum Mittelalter und zur Botanik neue künstlerische Wege beschritt.
Die Bewegung, die er in Gang setzte, verstand sich aber nicht nur als eine künstlerische Bewegung, sondern vielmehr als Lebensreformbewegung mit einer neuen Ästhetik.
Jugendstil und Sezession in Europa
Auch in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern wurden diese neuen Ideen aufgegriffen.
Anders als in England, wo man den neuen Stil schlicht „Modern Style“ nannte oder auch in Frankreich, wo er sich als „Art Nouveau“ Bahn brach, erfolgte die Benennung in Deutschland nach der 1896 in München gegründeten Zeitschrift „Jugend“, woraus die Bezeichnung „Jugendstil“ entstand. In Österreich wiederum sprach man, da die Künstler*innen, die sich diesem neuen Stil zuwandten, sich vom alten strikt abgrenzten, vom „Sezessionsstil“.
Die großen europäischen Zentren, in denen der neue künstlerische Stil vorangetrieben wurde, waren Brüssel, Nancy, Wien, Barcelona, Glasgow und Helsinki. In Deutschland waren es vor allem Darmstadt, München und Weimar, wo die wichtigen Jugendstil-Zentren entstanden.
Alle verband die Suche nach neuen Formen, die alle Bereiche der Kunst und auch des Lebens durchdringen sollten. Nicht nur in der Architektur, der Bildhauerei, der Malerei und der Grafik wurde nach neuen Formen der Darstellung und Ausgestaltung gesucht, sondern auch in der Dichtung, der Musik, der Tanzkunst und sogar in der Mode.
Bevorzugte Motive des Jugendstils kamen aus der Tier- und Pflanzenwelt. Dynamische Bewegungen, immer wiederkehrende Kurven und Wellenbewegungen, gebogene Endungen und Plastizität waren gemeinsame Elemente, die die unterschiedlichen Richtungen in den europäischen Ländern dennoch miteinander verbanden. Parallel zu diesem floralen und dynamischen Stil entstand aber auch eine abstrakte und geometrische Richtung, die später in die Formen des Bauhaus-Stils mündete.
Die umfangreiche Sammlung „1900 modern times“ des Kölner Sammlers Manfred Geisler, die im Jugendstilforum Bad Nauheim zu sehen ist, macht es möglich, die gesamte Bandbreite des Jugendstils nachzuzeichnen.
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