Eröffnung des Jugendstilforums Bad Nauheim
Der Sprudelhof als Wahrzeichen der Stadt Bad Nauheim sei Tradition und auch Verpflichtung zur Pflege und Erhaltung in künftigen Zeiten, so Bürgermeister Klaus Kreß während der Pressekonferenz zur Eröffnung des Jugendstilforum im Badehaus 3. (s. WZ vom 10.7.21)
Zwei Tage später fanden sich geladene Gäste aus den Reihen der Freund*innen und Mitglieder des Vereins und der Kommunalpolitik in der ehemaligen Wartehalle des Badehauses ein, um das Forum mit seiner ersten Ausstellung „Jugendstilkeramik – Tendenzen einer neuen Zeit“ zu eröffnen. Die Ausstellung ist der Beginn einer Reihe von Ausstellungen, die Jugendstil-Exponate aus der großen Kollektion des Kölner Sammlers Manfred Geisler zeigen werden.
Frank Thielmann (Vorstand der Stiftung Sprudelhof) betonte in seiner Rede, dass das Konzept für den Sprudelhof, Gesundheit und Kultur zusammenzubringen, nun einen weiteren Schritt vorangekommen sei. Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten des Sprudelhofes und nach Fertigstellung des Thermalbades mit Anbindung an das Badehaus 2 wird sich dieses Angebot runden.
Das Jugendstilforum – blühende Kunst im Hessenland
Ähnlich äußerte sich in seiner Ansprache auch Staatssekretär Dr. Martin Worms (Hessisches Ministerium für Wirtschaft und Finanzen und Vorsitzender des Kuratoriums Sprudelhof) und betonte, dass man einen idealeren Ort nicht hätte finden können und dass die Ausstellung hier im Sprudelhof gut aufgehoben sei. Zudem unterstrich er, dass es nun darum ginge, den denkmalgeschützten Sprudelhof zu erhalten und behutsam den Anforderungen des modernen Lebens anzupassen.
Es folgte die Rede des 1. Stadtrats und Kulturdezernenten Peter Krank, der den Jugendstil als das prägende Element von Bad Nauheim bezeichnete, das nun durch die Initiative des Jugendstilvereins aus einem Dornröschenschlag erweckt wurde. Hier ist hervorzuheben, dass Mitglieder des Vereins – allen voran die 2. Vorsitzende Hiltrud Hölzinger –ehrenamtlich mit Tatkraft und viel Fantasie für preiswerte Lösungen das Jugendstilforum angeschoben haben. Als ein Beispiel für die Arbeit des Jugendstilvereins wurde die recht kostspielige Restaurierung von zwölf historischen Gartenbänken des Jugendstilkünstlers Max Laeuger für den Schmuckhof genannt, die erst durch Spenden möglich wurde. Krank übergab Hölzinger einen finanziellen Zuschuss mit einem Brief, dem ein Zitat des ehemaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert vorangestellt war: „Kunst und Kultur sind nicht die sympathische Nische der Gesellschaft, sondern das Eigentliche, das sie zusammenhält“.
Nachdem Großherzog Ernst Ludwigs Wunsch „Mein Hessenland blühe und in ihm die Kunst“ zitiert wurde, gab es eine Kostprobe des künstlerischen Tuns des Monarchen. Georg Klemp, Pianist und Musikpädagoge an der örtlichen Musikschule, spielte auf einem Ibach-Flügel aus dem Jahr 1911 Klavierstücke des Großherzogs – eine Erstaufführung in Bad Nauheim. Das Instrument im Design des Art Nouveau ist eine Dauerleihgabe des Friedberger Musikhauses Ortel und ergänzt in hervorragender Art die von Mosaiken ausgestaltete Halle mit ihrer außerordentlichen Akustik. Als spätromantisch, ganz im Stil der Zeit gehalten und nicht ohne Dramatik versehen, charakterisierte der Pianist die Kompositionen Ernst Ludwigs, dessen Notenaufzeichnungen im Faksimile vom Bad Nauheimer Booy Verlag im Shop des Jugendstilforums angeboten werden.
Das Jugendstilforum – eine Bereicherung des Kulturlebens
Kulturdezernent Kranks Versicherung, dass die Sammlung von Jugendstilexponaten eine Bereicherung des Kulturlebens der Stadt Bad Nauheims darstelle und hier gut aufgehoben sei, hörte der Sammler Manfred Geisler gern und sprach von einem glücklichen Zusammentreffen seiner Sammlung mit der Architektur des Jugendstils und der Atmosphäre, die die Räume des Sprudelhofes ausstrahlten. Er nannte in seiner unterhaltsamen Rede die Epoche des Jugendstils eine auch gesellschaftspolitisch spannende Zeit und knüpfte mit seinen Ausführungen unter anderem über die traditionsreiche Steingutfabrik Wächtersbach – eine wichtige Produktionsstätte im Hessen der damaligen Zeit, an das Zitat Großherzog Ernst Ludwigs an.
Einen Hauch von Belle Époque und Fins de siècle brachten Lara Fleißner und Svenja Werner mit ihrem Serpentinentanz nach Art der amerikanischen Künstlerin Loïe Fuller in den Wartesaal von Badehaus 3. Die in der Zeit des Art Nouveau wirkende Tänzerin regte viele Künstler*innen im Paris der Belle Époque in ihrem künstlerischen Wirken an und gilt als eine der Wegbereiterinnen des Modernen Tanzes.
Für das kommende Frühjahr kündigte der Sammler Manfred Geisler die Fortsetzung der Ausstellungsreihe an. Die kommende Ausstellung mit dem Titel „Stilwende 1900 – Schönheiten einer Epoche“ werde weitere hervorstechende und bahnbrechende Jugendstil-Exponate zeigen.
Bleibt noch zu erwähnen, dass das unrenovierte Wasserbecken des Schmuckhofes von Badehaus 3 an diesem Abend den morbiden Charme einer ereignisreichen Epoche stimmungsvoll wiedergab.