Stilwende 2.0 – Metalldesign

In wohl keinem anderen Materialbereich in der angewandten Kunst konnte eine moderne Gestaltung so konsequent, reduziert auf eine betont klare Formgebung, umgesetzt werden wie in der Metallkunst. Denn in der Keramik mit ihren häufig farbigen Glasuren oder Bemalungen oder den vielfarbig schimmernden Glaskreationen überlagern diese mitunter eine klar wahrnehmbare konturierte Form.

In der Metallkunst ist man materialbedingt auf wenige Farben beschränkt, und das Objekt erscheint im Wesentlichen – abgesehen von Metallkombinationen – nur in einem Farbton wie etwa in Messing, Kupfer, Eisen oder in Silber. Letztere Farbgebung war mit großem Abstand das bevorzugte Erscheinungsbild.
Beim Werkstoff Metall kommt neben der Farbgebung noch hinzu, dass die planbaren Gestaltungsvarianten am vielfältigsten sind. Außerdem lassen sich Metalle in kleinen Details wie z.B. Griffen oder Knäufen gut mit anderen Materialien kombinieren. Durch deren Andersfarbigkeit und Struktur konnte man besondere Akzente setzen. Besonders beliebt waren die Kombinationen mit dunkleren Holztönen bis hin zum schwarzen Ebenholz oder als Kontrast dazu mit fast weißem Elfenbein.

Bei mehr als der Hälfte aller hergestellten Silber- bzw. versilberten Objekte dürfte eine dieser Materialen eingesetzt worden sein. In Kombination mit silberfarbenen Oberflächen lieferten sie so das stilprägende Bild der Art Déco-Epoche. 

Die Württembergische Metallwaren Fabrik, kurz WMF, war damals einer der größten Metallwarenhersteller weltweit. Um 1900 kamen praktisch alle Entwürfe aus dem hauseigenen Atelier unter Leitung von Albert Mayer. Erst 1927 änderte sich dies mit der Etablierung einer kunstgewerblichen Abteilung und der Ausführung von Entwürfen externer Künstler. Die Erzeugnisse dieser Kunstabteilung wurden unter dem Namen Ikora angeboten. Dabei handelte es sich zunächst um Objekte aus dem ureigenen Material der Firma: Metall. Es folgten dann auch Glaslinien unter den Namen Ikora und Myra. In den 1930er Jahren kam kurzzeitig auch die Sparte Keramik hinzu.                                                            

Kunstabteilung Christian Neureuther, Waechtersbach, Tortenplatte
Tortenplatte mit stilisiertem floralem Dekor und WMF-Metallrand – Kunstabteilung Christian Neureuther, Waechtersbach um 1906

Im Rahmen der Neuen Kunstgewerblichen Abteilung (NKA) begann man auch mit der Herstellung von Ziergegenständen wie Vasen, Dosen, u.a. mit patinierten Oberflächen nach asiatisch inspirierten Vorbildern. Das Grundmetall war Messing, in selteneren Fällen auch Kupfer. Die farbliche Patinierung erfolgte in den meisten Fällen in einem chemischen Tauchbadverfahren. Durch eine Vielzahl unterschiedlicher Bearbeitungstechniken wurden die Oberflächen manuell weiterbearbeitet. Im Fall der abgebildeten hohen zylindrischen Standvase wurde durch Fräsen ein geometrisch-konstruktivistisches Linienmuster in die türkisfarbene patinierte Wandung eingraviert. Dies lässt den Goldton des Grundmetalls Messing erscheinen. Kleinere partiell patinierte Flächen in einem Bronzeton betonen dieses Liniendekor noch zusätzlich.

Materialkombinationen mit Emaille und / oder Schmucksteinen sind in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts im Schmuckbereich häufig anzutreffen. Auch in der besonderen Betonung dekorativer oder repräsentativer Korpusware kamen sie oftmals zum Einsatz.

Abseits der großen Metropolen und außerhalb der großen Silberwarenmanufakturen wurden gerade auch in kleineren Silberschmiedebetrieben und Werkstätten nach 1920 moderne Gestaltungstendenzen aufgegriffen und umgesetzt.

Brosche Kleemann Fahrner
Brosche Kleemann Fahrner Sammlung „1900 modern times“ Manfred Geisler – Jugendstilforum Bad Nauheim, CC-by SA 4.0

Auch in der Schmuckgestaltung hielt in den 1920er Jahren die Moderne Einzug. Hier lieferten eine Vielzahl handwerklich arbeitender Gold- und Silberschmiedebetriebe hervorragende Arbeiten.
Aufbau und Form sind überwiegend streng symmetrisch und die Dekore geometrisch-konstruktivistisch. Aber bereits 1933 endete diese glamouröse Schmuckepoche wieder.