Stilwende 2.0 – Bauhaus Reflexionen
Die Vorgeschichte der sogenannten Bauhaus Ära der 1920er und -30er Jahre begann in Deutschland mit einem der vielleicht wichtigsten Schritte hin zur Moderne: der Gründung des Deutschen Werkbundes im Jahr 1907.
Vollzogen wurde dieser Schritt zu einem Zeitpunkt, als die Jugendstilepoche ihren Höhepunkt bereits überschritten hatte.
Viele der bedeutendsten Architekten, Entwerfer und Unternehmer des produzierenden (Kunst-)Gewerbes, sowie Sachverständige waren Mitglieder im Werkbund.
Schon die Liste der Gründungsmitglieder liest sich wie ein Who is who der Zeit:
Josef Hoffmann, Henry van de Velde, Peter Behrens, Max Laeuger, Josef Maria Olbrich, Bruno Paul, Richard Riemerschmid, Jakob Julius Scharvogel, Adelbert Niemeyer und Peter Bruckmann, um nur die Bekanntesten zu nennen.
In der Folge schlossen sich weitere Künstler:innen und Unternehmen an, so u.a. Theodor Heuss, Bruno Möhring, Jan Thorn Prikker, Karl Ernst Osthaus, Alfred Roller, Ludwig Mies van der Rohe, Harry Graf Kessler, Ferdinand Selle, Margarethe von Brauchitsch, Luise Harkort oder die Wiener Werkstätte.
Eines der wesentlichen Ziele war es, eine neue Ästhetik für Gebrauchsgüter, aber auch für kunstgewerbliche Zierobjekte zu erreichen. Als Ergebnis sollten technisch und gestalterisch hochwertige Qualitätsprodukte entstehen.
So lautete dann auch das programmatische Motto der ersten Jahrestagung im Jahr 1908: „Veredelung der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk“. Erreicht werden sollte diese neue Gestaltungsästhetik und Formgebung unter den Aspekten des Zweckes, der Materialgerechtigkeit und der Konstruktion.
Hiermit waren praktisch auch schon wesentliche Ziele des späteren Bauhauses in der Ära der Neuen Sachlichkeit fixiert. Auf internationaler Ebene leitete sich daraus die Maxime der Moderne ab: Form follows Function.
Somit standen ab den 1920er Jahren der Werkbund und das Bauhaus – und auch andere Institutionen – in einer beziehungsreichen Wechselwirkung auf dem Weg in die Moderne. Natürlich sollte hier nicht vergessen werden, dass es durchaus Konfliktpunkte auf diesem Weg gab. Ein Konflikt entzündete sich bereits Ende der 1910er Jahre auch im Werkbund an der Frage, ob dieser Weg durch Typisierung und Normierung oder durch Individualisierung beschritten werden sollte.
Das Bauhaus, 1919 durch Walter Gropius (1883-1969) gegründet, existierte zeitgleich mit der Weimarer Republik. Für beide kam das Ende im Jahr 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten.
In diesem Zeitraum von 14 Jahren hatte das Bauhaus zwei Standorte mit auch in baulicher Hinsicht sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Für wenige Monate kam in Berlin noch ein eher improvisierter Standort hinzu.
In der eher konservativen, klassizistisch geprägten Kulturstadt Weimar hatte das Bauhaus während der sechs Jahre bis 1925 immer einen schweren Stand. Sein Domizil dort war die ehemalige Großherzogliche Kunstgewerbeschule, die bis 1914 von Henry van de Velde (1863-1957) geleitet worden war.
Erst der Standort in der von Industrieansiedlungen geprägten Stadt Dessau in einem neu errichteten, mittlerweile weltweitberühmten Gebäudekomplex brachte die genau für die Bedürfnisse des Bauhaus konzipierten idealen Bedingungen.
Waren die frühen Weimarer Jahre mitunter noch ein Suchen und Herantasten an neue funktionale Gestaltungen, so wurde ab etwa 1923 die Formensprache entwickelt und gefunden, die uns heute dazu verleitet, von einem „Bauhaus Stil“ zu sprechen.
Die Ausbildung am Bauhaus erfolgte nach den elementaren Vor- und Grundkursen in den Werkstätten. Diese wurden jeweils von einem Form- und einem Werkmeister geleitet, die – verkürzt formuliert – für die Vermittlung von Theorie und Praxis unter dem Aspekt der Zusammenführung von Kunst und Handwerk zuständig waren.
Abgesehen von den Arbeiten, die von Student:innen und Lehrer:innen in den Werkstätten entstanden sind, war das Bauhaus keine Produktionsstätte.
Allerdings kamen z.B. aus den Werkstätten einige Entwürfe, die in eine externe Serienproduktion gingen. So z. B. aus der Keramikwerkstatt und in einem größeren Umfang aus der Metallwerkstatt, die insgesamt die wohl produktivste Ideenstätte gewesen ist. Mit Marianne Brandt (1893-1983) und Wilhelm Wagenfeld hatte letztere auch zwei prominente Absolvent:innen.